
Nachhaltigkeit im digitalen Zeitalter: Green IT für Unternehmen
Die Rolle der Digitalisierung für eine nachhaltige Zukunft
Wie bereits in den Artikeln Von der Dampfmaschine zur Mensch-Maschine-Kollaboration: Die Entwicklung der industriellen Revolution von Industrie 1.0 bis Industrie 5.0 und Der Weg der KMUs in die Industrie 4.0 und 5.0 gezeigt wurde, erlangt das Thema der Nachhaltigkeit unter anderem durch die zunehmende Digitalisierung immer größere Bedeutung. Die Digitalisierung bietet erhebliche Chancen für mehr Nachhaltigkeit, indem sie Effizienzsteigerungen ermöglicht, den Ressourcenverbrauch optimiert und innovative Lösungen für umweltfreundliche Prozesse bereitstellt.
Die wachsende Bedeutung der IT-Branche für Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen. Beispielsweise führt der steigende Bedarf an Rechenzentren zu einem erhöhten Energieverbrauch, während die rasante technologische Entwicklung zu immer mehr Elektronikschrott führt. Ohne nachhaltige Konzepte belastet die Digitalisierung unsere Umwelt. Gleichzeitig bietet IT enorme Chancen, um Unternehmen und die Welt insgesamt nachhaltiger zu gestalten. Genau hier setzten die Konzepte „Green in IT“ und „Green with IT“ an.
In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, wie sich „Green in IT“ und „Green with IT“ unterscheiden, welche Maßnahmen damit verbunden sind und wie Unternehmen von nachhaltiger IT profitieren können. Zudem stellen wir einen praktischen Ansatz für Unternehmen vor und zeigen, wie sie ihre individuelle Reifegradstufe identifizieren können.
Green in IT: Maßnahmen, die direkt die IT nachhaltiger gestalten
„Green in IT“ bezeichnet Ansätze, die darauf abzielen, die IT selbst nachhaltiger zu gestalten. Dabei werden Prozesse, Systeme und Geräte so optimiert, dass sie ressourcenschonend und umweltfreundlich sind. Laut dem Bundesministerium für Umwelt macht die IT-Branche 2008 bereits rund 2 % der weltweiten CO₂-Emissionen aus. Der steigende Energieverbrauch von Rechenzentren und internetbasierten Diensten verschärft diese Problematik. So wurde damals vermutet, dass „bis zum Jahr 2020 […] dürfte die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) für rund die Hälfte des gesamten Stromverbrauchs eines jeden Privathaushalts verantwortlich sein.“
Maßnahmen für Green in IT:
- Energieeffiziente Hardware: Der Einsatz moderner, energieeffizienter Server, Prozessoren und Endgeräte reduziert den Stromverbrauch erheblich und verlängert die Lebensdauer der Geräte.
- Nachhaltige Rechenzentren: Virtualisierungstechnologien ermöglichen eine höhere Auslastung der Server, wodurch der Energiebedarf reduziert und weniger physische Geräte benötigt werden. Ergänzend dazu können innovative Kühlsysteme wie Flüssigkeitskühlung oder Freikühlung zur Energieeinsparung beitragen.
- Recycling und Kreislaufwirtschaft: Durch Retrofit und das Recycling von IT-Komponenten können Unternehmen die Menge an Elektroschrott reduzieren und wertvolle Ressourcen wiederverwenden.
- Virtualisierung: Die Nutzung von virtuellen Maschinen und Cloud-Computing senkt den Energieverbrauch, indem sie Hardware-Ressourcen effizienter nutzt und Server konsolidiert.
- Desktop-Optimierung und Thin Clients: Der Einsatz von Thin Clients, die auf zentralen Servern laufen, reduziert den Energieverbrauch und ermöglicht eine längere Nutzungsdauer der Geräte, da sie weniger leistungsstarke Hardware benötigen.
- Gebäudetechnik durch Server im Keller: Die Abwärme von Servern kann aktiv zur Beheizung von Büroräumen genutzt werden, wodurch Heizkosten reduziert und Energieverschwendung minimiert wird.
Green with IT: Maßnahmen, die IT nutzen, um andere Bereiche Nachhaltiger zu gestalten
Während „Green in IT“ die IT-Infrastruktur selbst betrifft, beschreibt „Green with IT“ die Nutzung von IT-Technologien, um andere Bereiche nachhaltiger zu gestalten. IT dient hier als Werkzeug zur Optimierung von Prozessen, Reduzierung des Ressourcenverbrauchs und Förderung umweltfreundlicher Arbeitsweisen.
Maßnahmen für Green with IT:
- Smart Grids: Intelligente Stromnetze nutzen IT, um Energieverluste zu minimieren und den Einsatz erneuerbarer Energien zu optimieren. So wird der Stromverbrauch effizienter und umweltfreundlicher.
- Supply-Chain-Optimierung: Durch IT-Tools können Unternehmen Transportwege verkürzen und Lieferketten effizienter gestalten. Das senkt CO₂-Emissionen und spart Ressourcen.
- Prozessinnovation: Videokonferenzen und digitale Dokumente ersetzen Reisen und Papierverbrauch, was sowohl den CO₂-Ausstoß als auch den Ressourcenverbrauch erheblich reduziert.
- Personelle Maßnahmen: Schulungen und Sensibilisierung der Mitarbeiter:innen fördern nachhaltige Arbeitsweisen, etwa durch den bewussten Einsatz von IT-Technologien zur Reduzierung des Energieverbrauchs und von Papier.
- Prozessauslagerung (IT-Outsourcing): Durch das Auslagern von IT-Diensten an spezialisierte Anbietende, die energieeffizient arbeiten, können Unternehmen ihre Ressourcen und den Energieverbrauch optimieren. In vielen Fällen betreiben Cloud-Dienstleistende hochgradig optimierte Rechenzentren, die mit energieeffizienten Technologien arbeiten und den Stromverbrauch optimieren. Dies ermöglicht es Unternehmen, von der Skaleneffizienz und den umweltfreundlichen Praktiken eines spezialisierten IT-Anbieters zu profitieren, anstatt eigene energieintensive Serverinfrastrukturen zu betreiben.
- Telearbeit: Der Einsatz von Telearbeit ermöglicht es, Büroflächen und Energiekosten zu reduzieren und die CO₂-Emissionen durch Pendeln zu verringern. Unternehmen können auch Home-Office-Richtlinien entwickeln, die eine nachhaltige Arbeitsweise fördern und den CO₂-Fußabdruck ihrer gesamten Belegschaft verringern.
Die Verbindung zwischen Green IT und KI
Die zunehmende Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in verschiedenste Bereiche führt zu einem erheblichen Anstieg des Energieverbrauchs. Laut dem Hasso-Plattner-Institut verbrauchen Rechenzentren derzeit etwa vier bis fünf Prozent des weltweiten Energiebedarfs. Wird die Nutzung digitaler Technologien wie Laptops und Smartphones mit einbezogen, steigt dieser Anteil auf acht Prozent. Prognosen zufolge könnte der Energieverbrauch in den kommenden Jahren auf bis zu 30 Prozent ansteigen. Ein wesentlicher Faktor für diesen Anstieg ist der hohe Energiebedarf beim Training großer KI-Modelle. So verbraucht beispielsweise das Training eines einzelnen KI-Modells immense Mengen an Strom, vergleichbar mit dem Energiebedarf hunderter Backöfen, die mehrere Wochen lang ununterbrochen laufen. Zusätzlich zum Stromverbrauch benötigen die für KI-Anwendungen genutzten Rechenzentren erhebliche Mengen an Wasser für die Kühlung der Server. Angesichts dieser Entwicklungen ist es unerlässlich, nachhaltige Strategien für den Einsatz von KI zu entwickeln. Die Anwendung der Konzepte Green in IT und Green with IT auf KI bietet dabei einen vielversprechenden Ansatz, um die ökologischen Auswirkungen zu minimieren und gleichzeitig die Vorteile von KI-Technologien zu nutzen.
Green in IT: Maßnahmen für eine nachhaltige KI-Infrastruktur:
- Energieeffiziente Hardware: Spezialisierte Chips wie TPUs und optimierte GPUs verbrauchen weniger Energie als herkömmliche Recheneinheiten.
- Rechenzentrumsoptimierung: Kühltechnologien wie Freikühlung und KI-gesteuerte Temperaturregelung reduzieren den Energieverbrauch.
- Virtualisierung und Cloud-Nutzung: Durch den Einsatz von Cloud-Technologien können KI-Modelle in energieeffizienten Rechenzentren statt auf lokalen Servern betrieben werden.
- Nutzung erneuerbarer Energien: Rechenzentren, die für KI-Training genutzt werden, sollten mit Strom aus erneuerbaren Quellen betrieben werden.
Green with IT: Nachhaltige Einsatzmöglichkeiten von KI:
- Optimierung von Energieverbrauch: KI-gestützte Analysen helfen Unternehmen, Energieeinsparpotenziale zu identifizieren und umzusetzen.
- Effiziente Lieferketten: KI kann Logistikprozesse verbessern, um Transportwege zu optimieren und Emissionen zu reduzieren.
- Intelligentes Gebäudemanagement: KI kann Heizung, Kühlung und Stromverbrauch in Gebäuden automatisieren, um Ressourcen zu schonen.
- Nachhaltige Produktentwicklung: KI kann Materialien und Produktionsprozesse analysieren, um Abfälle zu reduzieren und nachhaltigere Alternativen zu identifizieren.
Wie Unternehmen von nachhaltiger IT profitieren
Das Konzept der Nachhaltigkeit basiert auf der Triple-Bottom-Line: Die gleichzeitige Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Ziele. Unternehmen, die Green in IT und Green with IT umsetzen, können in allen drei Bereichen Fortschritte erzielen:
- Ökologische Vorteile: Reduktion von Energieverbrauch, CO₂-Emissionen und Elektronikschrott.
- Ökonomische Vorteile: Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen durch optimierte Prozesse.
- Soziale Vorteile: Verantwortung gegenüber Mitarbeiter:innen und Gesellschaft durch umweltbewusstes Handeln.
Darüber hinaus steigern Unternehmen ihre Attraktivität für Kund:innen, Investor:innen und Fachkräfte.
Praktische Ansätze für Unternehmen
Zarnekow et al. (2008) stellt in seinem Paper einen klaren Ansatz vor, wie Unternehmen nachhaltiger werden können:
- Ressourcen identifizieren: Welche Bereiche verbrauchen am meisten Energie?
- Maßnahmen priorisieren: Fokus auf energieintensive Prozesse legen, z. B. Rechenzentren.
- Strategien entwickeln: Nachhaltigkeit als festen Bestandteil der Unternehmensstrategie-Strategie verankern.
- Kennzahlen einführen: Erfolg mit messbaren Zielen wie CO₂-Reduktion bewerten.
- Langfristige Optimierung: Regelmäßiges Monitoring und Anpassung der Strategien.
Des weiteren stellt Zarnekow et al. (2008) ein Reifegradmodell für nachhaltige Organisationen vor, um den Fortschritt in Richtung Nachhaltigkeit zu messen und zu bewerten. Dieses Modell beschreibt sechs Stufen der Nachhaltigkeitsorientierung:
Reifegradstufe | Beschreibung/Merkmale |
0 – Keine Nachhaltigkeit | Nachhaltigkeit spielt keine Rolle in der Unternehmensstrategie oder im operativen Geschäft. Es gibt keine Maßnahmen zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks oder zur Förderung sozialer Verantwortung. |
1 – Ad hoc | Erste Ideen und einzelne Maßnahmen zur Förderung der Nachhaltigkeit existieren, sind aber nicht systematisch oder strategisch in das Unternehmen integriert. |
2 – Bewusst | Nachhaltigkeitsziele sind definiert, werden aber nicht konsequent verfolgt. Initiativen hängen oft vom individuellen Engagement ab und sind nicht in die Prozesse eingebettet. |
3 – Etabliert | Das Unternehmen hat ein systematisches und dokumentiertes Vorgehen zur Umsetzung von Nachhaltigkeit entwickelt. Nachhaltigkeit ist Teil der Unternehmenskultur und in die Unternehmensprozesse integriert. Es gibt klare Verantwortlichkeiten, und das Unternehmen verfolgt definierte Ziele. |
4 – Quantitativ gesteuert | Nachhaltigkeitsinitiativen werden messbar und durch Kennzahlen gesteuert. Es werden regelmäßig Fortschritte überwacht und optimiert. Nachhaltigkeit wird nicht nur als Unternehmensziel angesehen, sondern als strategischer Wettbewerbsvorteil genutzt. Die Verbindung von ökologischem und sozialem Engagement mit ökonomischen Zielen ist hergestellt und gezielt nutzbar. |
5 – Optimierend | Nachhaltigkeit ist ein zentraler Bestandteil der Unternehmensstrategie. Es werden kontinuierlich Verbesserungen in allen Bereichen angestrebt. Mögliche Barrieren werden auf Basis der in Stufe vier aufgesetzten quantitativen Modelle analysiert und behoben. Das Unternehmen strebt eine langfristige positive Wirkung auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft an. |
Fazit: Gemeinsam in eine grünere Zukunft
Die steigende Digitalisierung, der erhöhte Einsatz von künstlicher Intelligenz und der Klimawandel erfordern ein radikales Umdenken. Mit „Green in IT“ machen Unternehmen ihre Infrastruktur nachhaltiger, während „Green with IT“ die IT als Innovationstreiber für nachhaltige Prozesse nutzt. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, diese Konzepte in die Praxis umzusetzen.
Für mehr Informationen kontaktieren Sie uns oder werfen Sie einen Blick in den folgenden Beitrag: Zarnekow, R., Erek, K. Nachhaltiges IT-Servicemanagement — Grundlagen, Vorgehensmodell und Managementinstrumente. HMD 45, 7–18 (2008)
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