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KI zur Prognose möglicher Qualitätsabweichungen und deren Korrekturbedarf 

Wie können mittelständische Unternehmen KI in der Produktion einsetzen, um Prozesse zu verschlanken und damit Zeit und Kosten zu sparen? Am Beispiel von Maschine Learning wird gezeigt, wie bei der Firma PRINZ VERBINDUNGSELEMENTE GMBH die Qualität einzelner Produktionsstufen durch KI vorhergesagt und damit die ökonomische Nachhaltigkeit im Unternehmen wesentlich verbessert werden kann. 

Die im Jahre 1875 gegründete Firma PRINZ VERBINDUNGSELEMENTE aus Plettenberg stellt mit etwa 180 Mitarbeitenden (sog. „Prinzen und Prinzessinnen“) Verbindungselemente und Umformteile im Wege der Kaltumformung her. Ob im Auto, beim Fensterbau oder in Haushaltsgeräten, zur aktuellen Produktpalette der PRINZ GmbH gehören Formteile nach kundenspezifischer Zeichnung oder nach Norm, Schrauben, Koppelstangen, Pressteile, Biegeteile, Near-Net-Shape umgeformte Teile mit und ohne komplexe Weiterverarbeitung, wie z.B. Zerspanung oder Stauchung. Eine der Herausforderungen der PRINZ GmbH ist neben der Entwicklung neuer innovativer Produkte, wie zum Beispiel Pedale für Fahrräder, die Verbesserung der Kostenstruktur innerhalb der Verfahrensprozesse für die bestehenden Produkte. 
Aus diesem Grund wandte sich der vorsitzende Geschäftsführer Stephan Schwarz an das Zukunftszentrum KI NRW, um zu erfahren, ob und inwieweit ein auf maschinelles Lernen trainiertes KI-Modell dabei helfen kann, die zeit- und kostenintensive Produktion zu optimieren. 

Marco Fries, Dr. Oliver Fix und Fatma Mendoza vom Zukunftszentrum KI NRW bei der Werksbesichtigung bei PRINZ GmbH in Plettenberg beim Auftakt-Workshop

Innerhalb der 10-tägen Intensivberatung des Projekts „Zukunftszentrum KI NRW“ bestand das zusammen definierte Ziel darin, zu untersuchen, wie gut die KI bei einer speziellen Maschine im Rahmen der Produktion für das Stauchen von Draht in Bohrerrohlinge vorhersagen kann, ob in einem nachgelagerten Prozess anschließend noch „gerichtet“ werden muss, und wann nicht. 

„Das wir dort ein Thema haben, was Zeit und Aufwand von Personen bedeutet, 
das war uns bewusst. Es gab nur noch nicht den Lösungsansatz.“ 

Henrik Schwabe, KI-Projektverantwortlicher bei PRINZ GmbH

Maschine zum Stauchen von Bohrerrohlingen bei der Produktion von PRINZ GmbH 

Damit der Kunde die gewünschte Qualität von Bohrerrohlingen erhält, werden bei PRINZ GmbH aus jeder Charge Teststücke genommen und manuell gemessen, ob die gestauchten Stücke in der gewünschten Rundlauf-Toleranz liegen oder nicht. Ist dies nicht der Fall, wird die gesamte Charge in einem nachgelagerten Prozesse auf einer speziellen Maschine nachträglich „gerichtet“. Dieses Verfahren ist zeit- und kostenintensiv. 

„Es häufiger schon vorgekommen, dass gesagt wird, OK, wir richten trotzdem. Aber es ist nicht nur das Arbeiten an der Anlage, sondern auch die Arbeitszeit des Mitarbeiters in der QS, denn der beschäftigt sich jeden Tag bestimmt eine halbe Stunde damit. Wenn wir jetzt einfach mal nur über einen Monat reden, dann sind das auch 12 Stunden und im ganzen Jahr schon 120 Stunden.” 

Henrik Schwabe, KI-Projektverantwortlicher bei der PRINZ GmbH

Die Aufgabe des Zukunftszentrum bestand zunächst darin zu entscheiden, welche Parameter für die Prognose eines KI-Modells, ob gerichtet werden muss oder nicht, herangezogen werden sollen. Dabei wurde in Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung und dem gegründeten Projektteam entschieden, die Qualität des Ausgangsmaterials, den Arbeitsplatz und weitere Daten zu verwenden. Entscheidender Fokus wurde auf das Eingangsmaterial den Draht gelegt. Dieser wird in sogenannten „Coils“ von zwei verschiedenen Lieferanten geliefert und wurde in verschiedenste Parameter wie Größe, Dichte, Umfang, Bearbeitung und Oberfläche unterteilt, und basierend auf den Prüf- und Auftragsdaten so die tatsächlich erzielten Ergebnisse aus der Vergangenheit der letzten 10 Jahre analysiert. (Dabei wurde bewusst darauf verzichtet, weitere Einflussfaktoren wie Wetter, Wochentag oder Mitarbeiterqualität in die Analyse einzubeziehen, schon um das Problem der Handhabung sensibler Daten zu umgehen.) 

„Coils“ als Eingangsmaterial in der Produktionshalle bei der PRINZ GmbH

Zunächst stellte sich heraus, dass die vorhandenen Daten für den beschriebenen Fall erst einmal nicht ausreichten – ein Problem, welches uns im Zukunftszentrum bei der Einführung von KI im Unternehmen häufig begegnet. 

„Am Anfang war natürlich die erste Hürde überhaupt mal so viele Daten zu bekommen. Man hat schon gedacht, wenn wir dem (Berater) jetzt erst mal so 30 bis 40 Datensätze schicken, dann reicht das hoffentlich, um damit irgendwie ein positives Ergebnis zu bekommen. Da haben wir sehr schnell gemerkt, dass dem nicht so ist.“ 

Henrik Schwabe, KI-Projektverantwortlicher bei der PRINZ GmbH 

Demzufolge wurde ein zusätzlicher Mitarbeiter benötigt, um eine ausreichende Zahl an „Fällen“ aus der Vergangenheit aus verschiedenen ERP-Daten zusammenzutragen und damit das Auslesen durch das KI-Modell zu ermöglichen. Erst als die KI etwa 4.000 Fälle analysieren konnte, in denen eindeutig erkennbar war, bei welchen Parametern der Drahtbeschaffenheit es in der Vergangenheit zum Richten bzw. Nicht-Richten gekommen war, konnte bei der Güte des KI-Modells von einem Prozentsatz von fast 90% ausgegangen werden.

Korrelation der verwendeten Parameter im KI-Modell 

Das Vorhersageziel war, zu prognostizieren, wann die Beschaffenheit des Drahtes mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Nachbearbeitung durch das „Richten“ führen würde. Die KI konnte hier mit unterschiedlich hohen Prognosewahrscheinlichkeiten vorhersagen, die Vorhersagequalität ist aber davon abhängig ist, welche Prognosewahrscheinlichkeit ausreicht, auf die Vorhersage durch die KI zu vertrauen. Im Ergebnis: Wenn die Prognosesicherheit >90% sein muss, kann die KI dies nur bei 38% der verwendeten Daten tun. Wird die Prognosesicherheit gesenkt wird, kann das Modell mehr Daten berücksichtigen. Dieser Trade-off muss von der Führungsebene festgelegt werden.      

Trade-off bei der Prognosesicherheit

Im Fokus der Entwicklung stand auch ein Prototyp, welcher von der PRINZ GmbH selbst weiterentwickelt werden kann, um eine Lösung zu schaffen, die ihren Weg in den realen Einsatz findet. So haben wir für die Entwicklung selbst Standardsoftware genutzt und das Rahmenprogramm, welches für die Datenaufbereitung verantwortlich ist, in ein Dockerframework „gegossen“ damit es möglichst leicht einzusetzen ist, ganz nach dem „Plug and Play“ Ansatzes. So stellt das Zukunftszentrum der PRINZ GmbH die nötigen technischen Bestandteile bereit, um selbst die letzten Schliffe zu tätigen, das Konzept auf weitere Bereiche zu adaptieren und die KI einzusetzen.

„Marco (Berater des Zukunftszentrums) hat es so vorbereitet, dass es auch ein Laie, dem man das einmal ordentlich erklärt hat, bedienen kann.“ 

Henrik Schwabe, KI-Projektverantwortlicher bei der PRINZ GmbH 

Es lässt sich schlussfolgern, dass eine KI, welche Vorhersagen trifft, wann ein bestimmter Produktionsprozess von Nöten ist und wann nicht, einen wesentlichen Bestandteil in der gesamten Produktionsplanung darstellen kann. Es liegt nun im Ermessen der Geschäftsführung und den verantwortlichen Mitarbeitern, inwieweit der Prognose vertraut und die Prozesse entsprechend angepasst werden können.  Die Intensivberatung durch das Zukunftszentrum hat hier klar bewiesen, dass KI funktioniert und wie sie eingesetzt werden kann. Die Prognosequalität, die im Zentrum steht, kann hierbei durch eine kontinuierliche Zulieferung von Daten immer gesteigert werden, so dass wir davon ausgehen können, dass die PRINZ GmbH auf dem Fundament unserer Zusammenarbeit, den Prozess weiter alleinständig vorantreiben kann. 

Wir möchten das gerne live in die Produktion bringen. Aber bis dorthin ist es noch ein weiter Weg, denn wir müssen die Daten ja erstmal auch automatisch weiter aus dem System bekommen, um die KI weiter trainieren zu können, und das ist bis jetzt ein händischer Aufwand, der einfach so nicht tragbar ist.“ 

Henrik Schwabe, KI-Projektverantwortlicher bei der PRINZ GmbH 

Durch die zufriedenstellenden Ergebnisse, welche innerhalb der Intensivberatung erzielt werden konnte, ist die Motivation des Unternehmens umso größer, sich weitergehend mit dem Thema KI zu beschäftigen und eine KI, wie sie getestet wurde, aktiv im Produktionsprozess zu nutzen. 

Zusätzlich stehen weitere Maßnahmen mit dem Zukunftszentrum an, um weitergehendes Wissen rund um das Thema KI und Digitalisierung zu vermitteln. Wir freuen uns auf die künftige Zusammenarbeit und sind gespannt, wie sich das Projekt, welches wir gemeinsam starten konnten, weiterentwickelt! 


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Das Projekt Zukunftszentrum KI NRW wird im Rahmen des Programms Zukunftszentren durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW sowie durch die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) gefördert.