Erfahrungsgewinn mit einem KI-gestützten Empfehlungs-Chatbot unter Anwendung von ChatGPT 

Wie kann eine mittelständische Zeitung ihre unzähligen Pressemitteilungen mithilfe von KI effizienter verarbeiten? Welche Aspekte sind zu beachten und was für Umstellungen sind dafür notwendig? Mit diesen und anderen Fragestellungen hat sich die Siegener Zeitung beschäftigt, als sie mithilfe des Zukunftszentrums KI NRW die Einführung eines KI-Tools umsetzte.

Die Siegener Zeitung bearbeitet täglich Hunderte von Pressemitteilungen bzw. den ganzen Posteingang seit einiger Zeit zentral am sogenannten Newsdesk. In der Regel sind dies Mitteilung von Institutionen, Krankenhäusern, Wirtschaftskammern bis hin zum kleinen Obst- und Gartenbauverein, der seine Veranstaltung auch gerne publik gemacht haben möchte.

„Seit der Umstellung auf eine moderne und zeitgemäße Newsdesk-Struktur spielt die Bearbeitung von E-Mails bei der Siegener Zeitung eine noch zentralere Rolle. Der Aufwand ist enorm – und bislang ist es uns nie gelungen, diesen Prozess wirklich effizient in den Griff zu bekommen.”

Christian Schwermer, Ressortleiter Newsdesk Online, Siegener Zeitung

Die Siegener Zeitung hat erkannt, dass dieser Prozess sehr zeitaufwendig und fehleranfällig ist, was sich auch auf die Qualität einzelner Mitteilungen auswirken kann. Es ist zwar journalistische Kernkompetenz, die gewahrt werden muss, doch im Zuge der digitalen Transformation möchte die Siegener Zeitung diese journalistischen Kompetenzen lieber an ganz anderer Stelle gezielter und sinnvoller einsetzen. 

„Die Idee, Künstliche Intelligenz gezielt zur Unterstützung einzusetzen, hat mich deshalb sofort begeistert. Ein eigener KI-gestützter Chatbot, der uns einen Großteil dieser Arbeit abnehmen kann – das klang für uns nach einem echten Fortschritt.“

Christian Schwermer, Ressortleiter Newsdesk Online, Siegener Zeitung

Dabei wurde die Idee zur Einführung eines Chatbot erstmals in einem internen Brainstorming der Siegener Zeitung entwickelt. Hierzu erschien es notwendig, einen Experten hinzuzuziehen, wofür das Zukunftszentrum KI NRW mit ins Boot geholt wurde.

„Uns ging es dabei nicht nur darum, gemeinsam diesen Bot zu entwickeln – wir haben das Projekt von Beginn an in einen größeren strategischen Kontext eingebettet.“

Christian Schwermer, Ressortleiter Newsdesk Online, Siegener Zeitung

Einem sozio-technischen Ansatz folgend wurden in empirischer Weise Anforderungen an das System erhoben, die dann partizipativ mit allen Beteiligten diskutiert wurden. Dabei wurde unter anderem festgestellt, dass die Unterschiede in Format und Qualität – ausgehend von den per E-Mail einkommenden Anfragen – und die Transferleistung zu qualitativ hochwertigen Pressemitteilungen ein komplexer Prozess sind, für den ein Sprachmodell sehr spezifisch eingestellt werden muss. Insofern war es nicht ausreichend, die Problemstellung über Prompt Engineering (die Kunst, passgenaue Anweisungen an das Chatbot System zu geben) zu lösen. Es erforderte vielmehr eine komplexere Lösung, ein sogenanntes Fine-Tuning. Hierbei wurde das Chatbot-System mit vielen Beispielen aus der Praxis nachtrainiert. Erst danach replizierte der Bot das Verhalten aus den Beispielen und wurde so zu einem „Experten“ für das autonome Schreiben von Pressemitteilungen.  

Beispiel für eine KI-unterstütze Pressemitteilung 

Im konkreten Fall der Siegener Zeitung wurde ein umfassender Datensatz von Mitarbeiter:innen der Zeitung erstellt, dem Zukunftszentrum zur Verfügung gestellt und aufbereitet. Der Datensatz musste aus unterschiedlichsten Beispielen bestehen, die die tatsächliche Praxis möglichst repräsentativ abbilden, weshalb der Prozess der Aufbereitung sehr umfangreich war. Dies umfasste auch die Entwicklung eines Bewertungssystems, anhand dessen die technische Lösung iterativ getestet und angepasst wurde. Gleichzeitig wurde untersucht, welche Oberfläche für das Arbeiten mit dem Bot für die Nutzer im Arbeitsalltag am besten geeignet ist. 

„Unser Bot funktioniert so, dass wir komplette Pressemitteilungen in die Oberfläche einfügen können. Natürlich achten wir dabei strikt auf alle datenschutzrechtlichen Vorgaben. Das Zukunftszentrum hat uns eine eigene, geschützte Benutzeroberfläche entwickelt. Innerhalb weniger Sekunden liefert der Bot eine bearbeitete Version der Mitteilung – oft bereits in einer Form, wie sie später für Online und Print denkbar wäre. Selbstverständlich überprüfen wir alle Inhalte mit der gebotenen journalistischen Sorgfalt noch einmal gründlich, bevor irgendetwas veröffentlicht wird.“ 

Christian Schwermer, Ressortleiter Newsdesk Online, Siegener Zeitung 

Durch diese datenschutzrechtliche und journalistische Sorgfalt wird insbesondere die neue EU-KI Verordnung eingehalten, welche eine Transparenzpflicht für alle mit KI erstellten Texte mit für die Öffentlichkeit bestimmter Wirkung ab 2026 EU-weit verpflichtend macht. 

Auch wurde bei der Einführung des Chatbots von Anfang an darauf geachtet, das verantwortliche Redaktionsteam bei der Gestaltung des Systems zu beteiligen. Dazu wurden gemeinsame Workshops durchgeführt, um in Zusammenarbeit und Kooperation mit der Verlagsleitung, der Chefredaktion und auch mit dem Betriebsrat die Bedürfnisse der Mitarbeitenden in die Gestaltung der KI-Lösung miteinzubeziehen. Dabei wurde schnell deutlich, dass der KI-Chatbot zwar stark standardisierte Aufgaben sehr effektiv durchführen konnte, dafür Kompetenzen wie journalistische Sorgfalt und qualitative Arbeit nicht supplementiert werden, sondern sogar einen größeren Raum bekommen. Auch wenn der Bot eine enorme Aufwandserleichterung und Zeitersparnis für die Redaktion der Siegener Zeitung bringt, kann er die menschliche Sorgfalt nicht in Gänze ersetzen. 

„Die Sorge, dass KI eines Tages komplexe Beiträge wie Leitartikel auf Knopfdruck erstellt, ist nachvollziehbar. Gerade deshalb war es uns wichtig, alle Kolleginnen und Kollegen von Anfang an in den Entwicklungsprozess einzubinden. Wir wollten zeigen: Der Bot nimmt uns keine journalistischen Kompetenzen weg – er verschafft uns vielmehr mehr Zeit für genau diese. Er entlastet uns im Tagesgeschäft und schafft Freiräume für wichtigere Aufgaben im Zuge der digitalen Transformation.“ 

Christian Schwermer, Ressortleiter Newsdesk Online, Siegener Zeitung 

Wir danken der Siegener Zeitung für die gelungene Zusammenarbeit und sind gespannt, wie sich das Unternehmen mit der erfolgreichen Einführung dieser KI-Lösung weiterentwickelt. Wir freuen uns auf eine weitere Zusammenarbeit! Und zum guten Schluss: 

„Besonders freut mich, dass wir daraus ein abteilungsübergreifendes Projekt machen konnten. Diese Zusammenarbeit über Ressortgrenzen hinweg war ein wichtiger Erfolgsfaktor – und dafür bin ich wirklich dankbar.“   

Christian Schwermer, Ressortleiter Newsdesk Online, Siegener Zeitung 


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Das Projekt Zukunftszentrum KI NRW wird im Rahmen des Programms Zukunftszentren durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW sowie durch die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) gefördert.