Psychologische Sicherheit: Erfolgsfaktor für Veränderungsprozesse und Fundament für Lernen und Innovation 

Wenn wir über den Erfolg von Veränderungen sprechen, spielt psychologische Sicherheit eine zentrale Rolle. 

Sie ist entscheidend für gelingende Teamarbeit, Lernprozesse und echte Innovation. Nur in einem Umfeld, in dem sich Menschen sicher fühlen, dürfen sie auch sie selbst sein – mit Ideen, Zweifeln, Kritik und Fragen. Sie können offen kommunizieren, Risiken eingehen und neue Wege vorschlagen – ohne Angst vor Ablehnung, Sanktionen oder Bloßstellung. 

Der Begriff wurde maßgeblich von der US-amerikanischen Psychologin Amy Edmondson (1999) geprägt (Marx-Fleck et al., 2023). Sie definiert psychologische Sicherheit als ein Klima, in dem zwischenmenschliche Risiken eingegangen werden können, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen – also etwa Fehler zuzugeben, unbequeme Meinungen zu äußern oder um Hilfe zu bitten. 

Veränderungen bringen oft Unsicherheit, neue Anforderungen, manchmal sogar Angst mit sich. In einem Umfeld ohne psychologische Sicherheit führt das häufig zu Widerständen, Rückzug oder Schweigen – selbst dann, wenn gute Ideen da wären. 

Anders jedoch in einem sicheren Klima: Hier können Sorgen offen angesprochen, neue Vorschläge eingebracht und Fehler als Lernchancen gesehen werden. 

Oder wie es Edmondson & Bransby (2023) formulieren: 
“Psychological safety is thus not the goal but rather a factor for enabling other goals.” 

Psychologische Sicherheit ist also kein Selbstzweck – sie schafft erst die Grundlage dafür, dass andere Ziele wie Lernen, Innovation, Inklusion und Leistung überhaupt erreicht werden können. 

• Verbesserungsvorschläge offen ansprechen zu können 
• Feedback (am besten mit Regeln) an Kolleg:innen oder Vorgesetzte 
• Offenes Teilen von Wissen im Team und der Organisation 
• Das Ansprechen von Überlastung, Unzufriedenheiten oder Unsicherheit 

Um das Konzept greifbarer zu machen, bieten sich validierte Erhebungsinstrumente an. Eine verbreitete Methode stammt von Fischer & Hüttermann (2020) und erfasst psychologische Sicherheit mit Aussagen wie: 

• „In diesem Team kann man auch Probleme und schwierige Themen offen ansprechen.“ 
• „Bei der Zusammenarbeit in diesem Team werden meine besonderen Fähigkeiten und Begabungen wertgeschätzt.“ 
• „Wenn man in diesem Team einen Fehler macht, wird einem das oft vorgehalten.“ (negativ formuliert) 

Solche Skalen helfen, Schwachstellen zu identifizieren und gezielte Maßnahmen zur Verbesserung zu entwickeln. Der Fragebogen zur Messung steht unter https://zis.gesis.org/ kostenlos zur Nutzung zur Verfügung. Warum also nicht einmal im Team eure Sicherheit messen!? 

Psychologische Sicherheit entsteht nicht automatisch – sie muss bewusst gestaltet und gepflegt werden, insbesondere von Führungskräften. Hier einige zentrale Hebel: 

Führung durch Vorbild 
• Fehler eingestehen, statt sich unangreifbar zu geben. 
• Fragen stellen und wirklich zuhören. 

Offene Gesprächskultur etablieren 
• Teammitglieder ermutigen, Meinungen, Ideen und auch Kritik zu äußern – z. B. bei Einführung neuer Technologien oder anderen Veränderungsprozessen 
• Feedback-Formate wie Retrospektiven, Check-ins oder Learning Circles nutzen. 

Fehler als Lernchance behandeln 
• Fehler offen besprechen – ohne Schuldzuweisungen. 
• Learnings sichtbar machen („Was nehmen wir mit?“ statt „Wer war schuld?“). 

Empowerment fördern 
Nach Edmondson (2008) entfaltet besonders das Zusammenspiel von psychologischer Sicherheit und Empowerment ein enormes Potenzial für Entwicklung und Innovation. Wer Sicherheit und Gestaltungsspielraum erfährt, wächst – persönlich und im Team. 

Veränderungen aktiv begleiten 
• In Zeiten von Restrukturierung Unsicherheiten thematisieren, nicht tabuisieren. 
• Sorgen und Bedenken in Teamsitzungen ansprechen lassen. 
• Auch kritische und skeptische Stimmen als Zeichen von Engagement würdigen. 

Psychologische Sicherheit ist das Fundament für funktionierende Teamarbeit, gelingende Veränderungsprozesse und kontinuierliches Lernen. Sie ermöglicht Offenheit, fördert Vertrauen und schafft Raum für Kreativität – gerade in Zeiten, in denen vieles im Wandel ist. Führungskräfte, die diese Sicherheit aktiv fördern, legen den Grundstein für eine lernfähige, resiliente und innovative Organisation. 

Quellen:
Edmondson, A. C., & Bransby, D. P. (2023). Psychological safety comes of age: Observed themes in an established literature. Annual Review of Organizational Psychology and Organizational Behavior, 10, 55–78.  https://doi.org/10.1146/annurev-orgpsych-120920-055217

Marx-Fleck, S., Junker, N. M., & van Dick, R. (2023). Durch Führung eine Absicherungskultur verhindern und bessere Entscheidungen fördern.
In: J. Felfe & R. van Dick (Hrsg.), Handbuch Mitarbeiterführung: Wirtschaftspsychologisches Praxiswissen für Fach- und Führungskräfte (S. 449–458). Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-68185-5_56


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