Design for All im Zeitalter der Twin Transition: Wie Kreativität nachhaltige digitale Innovationen in KMU vorantreibt

In Zeiten von Klimawandel, wirtschaftlicher Unsicherheit und rasantem technologischem Fortschritt stehen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) unter zunehmendem Druck. Nachhaltigkeitsvorgaben werden strenger, digitale Technologien entwickeln sich rasant weiter, und traditionelle Geschäftsmodelle geraten ins Wanken. Die Lösung? Nicht eine, sondern zwei gleichzeitige Transformationen: die sogenannte Twin Transition – also die Verbindung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit – unterstützt durch einen menschenzentrierten, co-kreativen Ansatz namens Design for All

Die „Twin Transition“ beschreibt die gleichzeitige Transformation in Richtung Nachhaltigkeit und Digitalisierung – zwei Megatrends, die unsere Zukunft prägen. Statt sie isoliert zu betrachten, werden sie miteinander verbunden, um effizientere, umweltfreundlichere und widerstandsfähigere Geschäftsmodelle zu schaffen. 
Laut Studien von Fraunhofer und der Europäischen Kommission profitieren Unternehmen bei der Umsetzung der Twin Transition unter anderem durch: 

  • Einsparung von Ressourcen, Energie und Kosten durch digital optimierte Prozesse 
  • Wettbewerbsfähigkeit durch nachhaltige Produkte und Services 
  • Zugang zu neuen Märkten, die Umweltverträglichkeit fordern 
  • Risikominimierung durch bessere Steuerung von ESG-Risiken 
  • Positives Markenimage und höhere Kundenbindung 

Die Potenziale sind groß – doch viele KMU fragen sich: Wo sollen wir anfangen?  Und: Wie finden wir Lösungen, die wirklich zu uns passen? 

Abb.: Das „Twin Transition Innovation Lab“ © Dr. Sylke Lützenkirchen, Zukunftszentrum KI NRW

Hier setzt das Twin Transition Innovation Lab (TTIL) an – ein angewandtes Forschungsmodell, das im Rahmen des Zukunftszentrums entwickelt und erprobt wurde. Das TTIL bietet einen strukturierten, kreativen und partizipativen Rahmen, um betriebliche Nachhaltigkeitspotenziale zu entdecken und gemeinsam mit Mitarbeitenden digitale Lösungen zu entwickeln. 

Was dieses Modell besonders macht, ist der Fokus auf die Mitarbeitenden. Denn: Transformation gelingt nur mit den Menschen im Unternehmen. Im TTIL werden Beschäftigte aus unterschiedlichen Bereichen – sogenannte Domänenwissensträger – aktiv in den Innovationsprozess eingebunden. Sie kennen die alltäglichen Herausforderungen, Schwachstellen und Verbesserungspotenziale am besten. 

Das TTIL besteht aus drei Phasen: 

1. Problemraum: Die Teilnehmenden identifizieren konkrete „Pain Points“ im Arbeitsalltag sowie gewünschte Verbesserungen „Gains“. 
2. Wissensanreicherung: Durch praxisnahe, verständliche Einführungen in Themen wie Digitalisierung, KI und Nachhaltigkeit werden die Mitarbeitenden auf die nächste Phase vorbereitet. 
3. Lösungsraum: In kreativen Gruppenprozessen entstehen maßgeschneiderte Lösungsideen, die nach Umsetzbarkeit und Nutzen priorisiert werden. 

So entstehen praxisnahe Ansätze – von KI-gestützter Ressourcenplanung bis hin zu nachhaltigen Prozesslösungen – entwickelt von und für die Mitarbeitenden. 

Im Zentrum des TTIL steht das Konzept Design for All. Es fordert, dass Produkte, Systeme und Dienstleistungen von Anfang an für möglichst viele Menschen nutzbar gestaltet werden – ohne nachträgliche Anpassung. 
In der Twin Transition bedeutet das: Neue digitale Nachhaltigkeitslösungen sollen nicht nur technisch funktionieren, sondern auch alltagstauglich, verständlich und hilfreich für alle Nutzer:innen im Unternehmen sein. Nur so können sie wirklich wirksam werden. 

Durch die frühe Einbindung verschiedener Perspektiven – auch von Nicht-Techniker:innen – entstehen realistische, akzeptierte Lösungen. Gleichzeitig wird Widerstand gegen Veränderung reduziert, Motivation gestärkt und ein gemeinsames Innovationsverständnis aufgebaut. 

Das TTIL ist ein Beispiel für Angewandte Designforschung, also wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung durch praxisnahes Design. Mit kreativen Methoden wie Brainwriting, Pain-Gain-Analysen und iterativen Entwicklungsschleifen entstehen tragfähige Lösungen, die zugleich wirtschaftlich, ökologisch und menschlich sinnvoll sind. 

Mitarbeitende profitieren doppelt: Sie gestalten nicht nur digitale Anwendungen aktiv mit, sondern lernen auch neue Kompetenzen im Umgang mit Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Kreativmethoden. 

Die Twin Transition ist kein Luxus, sondern ein strategisches Muss. Doch sie gelingt nur, wenn Unternehmen ihre Belegschaft aktiv mitnehmen – durch Kreativität, Beteiligung und sinnvolle Gestaltung. 

Das Twin Transition Innovation Lab zeigt, wie KMU mit einfachen Mitteln den Einstieg finden können: niedrigschwellig, praxisnah und teamorientiert. Dabei entstehen nicht nur bessere Lösungen, sondern auch ein gemeinsames Verständnis für digitale Nachhaltigkeit – ein Gewinn für Unternehmen, Mitarbeitende und Gesellschaft. 

Interesse an einer konkreten Anwendung oder einer Einführung in die Methode des Twin Transition Innovation Labs? Ich freue mich über Austausch, Kommentare und Anfragen – gerne direkt per Mail: sylke.luetzenkirchen@fernuni-hagen.de 


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Das Projekt Zukunftszentrum KI NRW wird im Rahmen des Programms Zukunftszentren durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW sowie durch die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) gefördert.